Ein Unternehmer kann – unter den Voraussetzungen des § 15 UStG – die ihm von einem anderen Unternehmer in Rechnung gestellte Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) in dem Zeitpunkt als Vorsteuer abziehen, in dem er die Rechnung erhält. In dem Zeitpunkt, in dem feststeht, dass das uneinbringlich wird, d. h. der Leistungsempfänger z. B. die Rechnung endgültig nicht begleichen wird, muss der Leistungsempfänger den vorgenommenen Vorsteuerabzug berichtigen, § 17 UStG, mithin rückgängig machen.
Uneinbringlichkeit ist gegeben, wenn bei objektiver Betrachtung damit zu rechnen ist, dass der Leistende die Entgeltforderung auf absehbare Zeit rechtlich oder tatsächlich nicht durchsetzen kann. Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 11.09.2017 – 7 V 7209/17 sei ein gewichtiges Indiz für die Annahme der Uneinbringlichkeit ein Überschreiten des Zahlungsziels um das Dreifache der Zahlungsfrist, mindestens um mehr als sechs Monate. Dies bedeutet beispielsweise bei einem 14-tägigen Zahlungsfrist nach Rechnungserhalt, dass Uneinbringlichkeit bereits nach Ablauf von zwei Monaten eingetreten ist.
Der Auffassung des Finanzgerichts ist zuzustimmen. Das Entstehen der Umsatzsteuerschuld (Soll-Besteuerung) und des Vorsteuerabzuges beruhen auf der Prämisse, dass die Rechnung zeitnah ausgeglichen wird. Der Unternehmer soll die Umsatzsteuer für das Finanzamt einbehalten, nicht aber vorfinanzieren. Der Empfänger der Leistung soll von der Umsatzsteuer entlastet werden, damit er sie nicht dem Preis aufschlagen muss. Deshalb ist es nur sachgerecht und gesetzeskonform, wenn der Unternehmer, der das Entgelt nicht zeitnah nach Rechnungsstellung erhält, die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abzuführen hat. Hat er dies bereits getan (Soll-Besteuerer), ist es gerechtfertigt, zeitnah eine Berichtigung der bisherigen Umsatzsteuervoranmeldung vorzunehmen. Erhält er später den Rechnungsbetrag vom Leistungsempfänger (Schuldner), hat er die berichtigte Umsatzsteuer erneut zu berichtigen und nunmehr an das Finanzamt (endgültig) abzuführen.
Umgekehrt setzt der Vorsteuerabzug voraus, dass die Rechnung zeitnah vom Empfänger der Leistung beglichen wird. Hat der Unternehmer nicht vor, die Rechnung zu begleichen, darf er den Vorsteuerabzug nicht geltend machen. Macht er dies trotzdem, insbesondere um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen, kann dies sogar den Straftatbestand der Steuerhinterziehung oder zumindest den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit (leichtfertige Steuerverkürzung) darstellen.